dezember.2018 gleichzeitig zeitgleich
Ich stecke mein eiskaltes Händchen zum Aufwärmen in die Kniebeuge, unschlüssig ob mir nun warm oder kalt ist. Oder ob sich’s nun so oder so anfühlt. Verflixt, höre ich mich sagen, unentschieden ob ich nun Sprecher oder Hörer bin, versuche ich, das kalte im warmen auf ein Gleichmaß zu regulieren. Ich fühle mich wechselwarm je nach Fokus. Wenn ich mich jetzt noch am Kopf kratze, wird’s richtig sportlich. Krauler und Gekraulter im selben Moment – das wäre Freistil. Das hätte Disziplin. Nur eine unbeherrschte tausendstel Sekunde Fokussierung liegt dazwischen und ein Hockstrecksprung. Kneif mich doch bitte mal eben. Aua. Nicht beißen, kneifen! Es ist mir noch längst nicht einerlei da quasselt es schon wieder, wie ich höre, nur um sich zu verifizieren. Welchen Grund könnte ein Selbstgespräch sonst haben? „Kalt geworden“ quasselt es und – ja, die Vermutung liegt nahe, dass Quassel und kaltes Händchen ein und dieselbe Person sind. Die Kniebeuge antwortet mit einem Schmatzen, wie ich höre. Damit fällt die Kombi Kniebeuge/Hörer als Dialogpartner aus. Sind wir also zu dritt. Wenigstens. Da lege ich besser mal etwas nach. Oder lieber doch die Quanten hoch? Quassel ist unschlüssig, ob ihm kalt genug ist, um ungemütlich zu werden. Es gibt da wohl noch eine weitere Querverbindung – zum Hörsaal. Wenn ich also gleichzeitig warm und kalt sein kann, hören und sprechen und kraulend gekrault, ist an der Quantentheorie wohl doch ein Quäntchen Wahrheit. Es ist demnach alles gleichzeitig und auch nicht, je nach Gusto. Na mein Guter ist dir auch kalt und warm? Er schmatzt gemütlich. Temperaturausgleich. Ein gekraulter Hund nimmt uns gleichzeitig die Schwerkraft. Es ist kinderleicht. Und ich dachte schon, ich versteh den Quantenkram nie.
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november.2018 Birne Hellene
Der Abstand dürfte 4 betragen oder 5 – schwer schätzbar – ich würde denken, na, ungefähr eine Kabellänge. Wenn du mir bitte sagen könntest, wie lang das ist. Eine Zehntel Sehmeile. Fein, fein, das wird ein Schauspiel. Es wird auch Zeit für mehr Sicht. Und mehr Licht – das lassen wir mal nicht im Dunkeln. Dann stolpern wir wenigstens nur noch über das neu verlegte Kabel. Hast du so eine lange Leitung? Offensichtlich schon, sonst würde ich davon Abstand nehmen. Das leuchtet ein. Dann wären die finsteren Zeiten vorbei. Zumindest im kleinen Kreis. Natürlich gäbe es auch die Alternative, den Winter abzuschaffen. Du meinst die Winterzeit. Eigentlich nicht, aber man darf den Lichtbogen nicht überspannen. Ich bin ja kein elektrischer aber … eine Leuchte! Und deshalb wollte ich es nur beiläufig erwähnt haben. Durchbrennen darfst du mir nicht. Ich häng ja an dir oder zumindest an der Leine. Taugt die eigentlich für den Außenbereich? Scheint gut abgeschirmt. Mehr ist eben noch nicht zu sehen. Draußen. Drinnen ist es ja schon … Helle? Belichtet. Überbelichtet. Aber noch nicht erleuchtet. Das dimmt noch. Könnte aber … deswegen. Was hältst du von Funk? Eine 10tel … überbrücken nennt man das. Lass mich das überdenken. Dann bist du Telepath? Ich bin völlig gesund. Also doch Funk? Wenn das eine sichere Verbindung ist. Sicher, bei nur einer Kabellänge. Ich hänge ja hier fest wie ein Wattwurm. Glühfaden. Homunkulus. Dann mal Leinen los – Entwicklung! Stopp, bist du noch online? Wir brauchen doch eine Fernbedienung. Bestell du mal eben. Kaffee schwarz und dazu Birne Hellene? Hach, diese Verschaltung … Aus. Hach, funktioniert. An.
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oktober.2018 Freihandelsrahmenabkommen
Das Blattwerk wiegt sich leicht. Unbeschwert und -befleckt harrt es meiner Stimmung. Die Saiten vertrauen bedingungslos meinem Anschlag. Ein feiner Bass schwingt sich in die Stille. Was’n das hier für’n Krach? Bandprobe! Fällt dir nichts Besseres ein? Nein, leider. Es gibt nichts, was es nicht schon gibt. Jede Melodie, jede Tonfolge, jede Buchstabenreihe wurde schon … eine neue zu finden ist wie die Suche nach der blauen Blume. Schockiert dich das? Das nicht, nur deine Resignation. Ich weiß, wovon ich rede, schon die Hilfslinien zerreißen mir das Blatt. Auch ohne Benotung ist der Schnitt versaut. Und ohne die geht‘s nicht? Ich muss ja einen Rahmen vorgeben. Das klingt irgendwie fettig. Schmiererei – mehr wird das nicht. Ja ja, es versteht aber niemand, wenn ich nicht im Rahmen bleibe. Dann tanz doch erstmal nur aus der Reihe. Das lockert. Warum muss es denn überhaupt verstanden werden? Ich versteh die Vögel ja auch nicht und es gefällt mir trotzdem oder vielleicht sogar eben deshalb. So ein Amsel‘n-Kiefer-Triller … hach ja, aber selbst der hat seine Bilder gerahmt zum besseren Verständnis. Aber erst nachher. Also das Thema, meinst du, darf kein Motiv sein. Es darf sogar weder noch sein. Vorher. Ich glaube, das ist nicht erlaubt. In dieser Welt nicht, da muss man gewusst haben was man tut und das weiß man also tut man so. Picasso hat also ohne Hilfslinien … ? … und das hat erstmal auch niemand verstanden. Damals war es auch einfacher. Da gab es noch nichts was noch nicht gab. Und in der Musik – heutzutage – gibt es noch weniger. Weniger als nichts? Damit kann man doch arbeiten. Das kann sich doch hören lassen. Reich mir mal bitte das lose Blattwerk. Warte mal, da fällt mir was besseres ein. Ich habe hier kürzlich etwas ins nirgendwo notiert. Da, horche! Reine Stille klingt jedes Mal neu.
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september.2018 Gästebrett
Da hat sich doch eine Libelle zu mir verirrt. Hach, so eine schöne zarte elegante farbenprächtige … sie sonnt sich auf dem Fensterbrett. Schaut rein und raus, schaut mich an. Ich nicke. Sie schnurrt. Schnarrt. Etwas mechanisch, finde ich. Irgendwie unpassend. Hier oder im Allgemeinen. Ich lasse sie sitzen und summe weiter. Eins und eins … schnarrrr … das erscheint mir nicht ganz lupenrein. Zoom. Ihre Flügel sind feinstes Netzwerk. Eine Transparenz die keine Frage offen lässt. Ich glaube ihr. Was spricht dagegen? SCHNARRR. Das. Mein Mikroskop rasselt mit den Linsen vor Freude. Auseinandernehmen! Ich weiß nicht recht. Sie sonnt sich hier gemütlich und ja sie schnarrt. Sie beobachtet mich mit ihren Facettenaugen. SCHNARRR … Oder sind das Kameras? RASSEL … BRUMM … ein Hirschkäfer fliegt vorbei. Eiert. Das mächtige Gehörn macht’s ihm nicht leicht. Eleganz würde ich das nicht nennen. Vielleicht eher Evoquenz. Die Konsequenz einer evolutionären Entwicklung kandiert mit gegorenem Humor. Der arme Kerl. Ja, der aufrechte Flug – aber zu welchem Preis. SCHNARRR … RASSEL … Der Mensch mit seinem Gehörn bewegt sich oft nicht weniger evoquent. Und ich meine nicht unbedingt die Motorik. Der riesige unausgegorene Denkapparat – eine Behinderung, die als solche (weil bei jedem Menschen einliegend) nicht als eine erscheint. Es eiert. Wenn natürlich ein Eierndes auf ein anderes Eierndes schaut, wird’s speziös (das Hörn lernt immer wieder gern mal was neues) wieder rund und der aufrechte Gang zu den anonymen Evoquenten zum Schwank. Schöner Scherz. Wein, Weib und Gesang. Aber er fliegt doch, könnte man sagen. Noch … könnte man auch. Tragik der Schöpfung. Es entwickelt sich eben nicht immer zum Geschenk. Was die Evolution auf weite Sicht plant? Humor hat sie ja. SCHNARRR … Sie hebt ab. Bezaubernd diese Leichtigkeit und diese Wendigkeit und flugs weg … SCHNARRRRR … Was? Ah so. Ich Hörni. Das Brett ist lose. Da kann man ja nur hoffen, dass es bald abfällt.
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august.2018 als ob
Hinter meiner Hecke endet die bekannte Welt. Die mir bekannte Welt. Der Heckenhorizont verbirgt, was nicht zu sehen ist. Das Meer vor Madagaskar, die weite Steppe der Mongolei, die Täler der Anden, die Straße nach Prödel, das Quamp der Koloden. Was auch immer dahinter steckt – es ist in Bewegung. Es morpht leise glucksend durch meine Synapsen. Ich brauche nicht die Phantasie bemühen. Ich darf nicht einmal. Es wandelt sich unaufhörlich. Eine wabernde Wurmlandschaft, eine Quarantäne in der Wüste ob, ein Kaleidoskop des Unbekannten unerfahrenen unmöglichen unwahrscheinlich, dass ich ein Handtuch dabei habe, ich hab’s über die Hecke geworfen in einem Anflug von Erdenschwere. Es wurde sofort mitgerissen in einem QuarkStrudel. Mein Heckenschutzschild lässt keine Realitäten durch. Manchmal singen drüben die Sirenen. Dann heulen wir wie die Wölfe und lauschen. Selten gibt es ein Echo. Die wissen schon … Ich öffne den Luftraum einen Spalt. Eine Einladung an das irreale irrationale unwahrscheinliche … Nicht gleich alle! Es ist nur ein Schlupfloch. Ein paar Zahlen übertreten. Disqualifiziert werden sie deshalb nicht, qualifiziert dann, wenn sie dem System nicht standhalten. Das System erkennt Flausen mittels einfachster Thermik. Fliegen sie, sind sie willkommen. Kann man damit rechnen, umso unwahrscheinlicher. Ein dickes Ding quatscht sich durch. Eindeutig eine Realität. Sie setzt sich nicht fest. Der Boden hier bietet keine Haftung für Standarten. Eine kleine Neigung und die Fahne rutscht aus der Flucht. Kann ich nicht ändern – möge die Macht mit uns sein – ändert sich … oder nicht. Wir haben mit Löschpapier tapeziert. Es bleibt nichts, was nicht gerade ist. Das dicke Ding hält sich gerade noch. Aber der aufrechte Gang auf einer schiefen Ebene gelingt diesmal nicht. Es rollt auf allen vieren hinaus. Verpufft hinter der Hecke in den Egern der Prolomiten. Falls sie also gefragt werden sollten, womit sie hier sind, antworten sie lieber mit einer Flause. Der Eintritt ist frei.
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juli.2018 Rollentausch
Morgen! Noch bin ich eins mit dem Urgrund. Mein blauer Frotteeschlafanzug erhebt sich wie eine Hügelkette aus dem blauen Laken. Wo das eine aufhört und das andere beginnt, könnte ich in diesem Moment höchstens erahnen. Kein Anfang in Sicht. Die Sensoren sind noch schläfrig. Die Mechanik ebenfalls off. Den richtigen Schalter finden … Knips. Ich falte mich zum Gebirge. Mount Nie erhebt sich spitz in den blauen Himmel und verschmilzt wieder zu einer breiigen Masse. Sich abheben braucht genauso seine Zeit wie abheben. Zeit für eine Blaupause. Meine Kopie tastet den Horizont nach einem Gegenüber ab. Nix. Spieglein, Spieglein … bin ich Monade oder habe ich heute die Energie zur Singulariät. Wenn ich mich noch etwas bündele, komme ich vielleicht auf den Punkt. Kaffee und Komprimierung. Lassen wir den Anfang eben aus und beginnen wir in der Mitte. Auch das entpuppt sich als schwieriger als gewünscht und einfacher als gedacht. Die Mitte ist unberechenbar. Sicher ist nur: sie ist nicht die erwartete. Ich lege mein Gleichmaß an. Der Punkt ist der: die Mitte ist überall. Sie ist, ohne zu sein. Nähme ich irgendeinen blaupunkt als Mitte an, wär’s schön stereo. Es scheitert an der Definition. Es müsste entschieden werden und da wären wir wieder: am Anfang. „Der Anfang ist die Hälfte“ sagte Aristoteles und die Mitte wäre demnach dann ja auch der Anfang. Ich teste das auf der Morgentoilette. Wenn ich die Rolle von der Mitte her … Drauf geschissen. Es bleibt die Rolle, die es spielt … oder nicht. Die man spielt … oder nicht. Rock‘n‘Roll ist da nur eine dürftige Untertreibung. Ich schlüpfe aus meinem Frottee. Ganz rollenlos ecke ich erstmal an. Gehört sich nicht – schon mal gehört? Gewünscht wird stereotyp. Was für ein Theater! Kostümlos bin ich mich … eins mit dem Urgrund. Ich bin derselbe, den du triffst. Doch mit dem Akkusativ ist das so eine Sache. Die erste Ursache ist kein Grund zur Anklage. Aber ohne Rollenverteilung gibt es nur die Akte. Vielleicht sollte ich ein Spiel erfinden … den Aufzug in Szene setzen und dann Mittag.
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juni.2018 Schlammassel
Ich bin ein Schwamm und ich bin 10.000 Jahre alt. Ich dämmere am Grund des Meeres. Ich wiege mich mit der Tiefsee. Es zieht sich. Gähnende Leere. Es zieht sich. Auftauchen liegt nicht in meiner Natur. Schwamm drüber. Eine Assel asselt sich durch die Fuge meiner Fliesen. Immer schön die Rille entlang. Immer mit der Ruhe. An der Kreuzung entscheidet sie sich nach kurzem Zögern für geradeaus. Keine schlechte Wahl – wie ich von meinem Hochsitz aus sehe: links ist gesperrt durch einen großen Fussel und rechts ein Geröll aus Staub und Krümeln. Ja, das Krümelmonster wohnt bei mir … na und Freund Fussel ist gern zu Besuch da. Nichts, worüber man stolpern müsste. Wie man sieht, gibt es einen Weg. Ich bezweifle, dass die Assel da einen genauen Überblick hat. Kurz bezweifle ich sogar, dass Asseln Augen haben. Haben sie aber. Sowie eine gute Intuition, scheint‘s. Insgesamt ist sie mir sehr sympathisch. Sie geht ihren Weg und meinen ebenso. Weiter hinten verflacht sich die Fuge in eine Wüste aus Platten. Karge Landschaft. Die Assel nimmt eine gewagte Abkürzung über das Plateau und verschwindet dann wieder im moosigen Canyon. Ich tauche ab, angenehm kühl hier – eben noch Schwamm bin ich jetzt eben Assel. In meiner Vorstellung kann ich mir Beine machen (12 zusätzliche) und Kiemen. Fühlt sich an wie – ja Qualia – muss man eben selbst gefühlt haben. Meine Welt auf ihre reduziert – nun mal nicht so hohherrschaftlich Frau Mensch, die Assel haben wir selbst in die Klasse höhere Krebse eingegliedert – sagen wir: um ihre bereichert. Das Zusammenrollen gelingt wie im Schlaf. Nur an den Augen könnte ich noch arbeiten. Bisschen beschwerlich mit den großen Kullern. Die nehmen auch immer alles sehr genau. Dabei kann niemand mit mir darüber in Zwist sein, wie es ist, Assel zu sein. Es bleibt schwammig. Jeder kann asseln wie er mag. Von mir aus auch krebsen, fugen, fliesen, sich ein- und ausrollen, eine Wanne einsauen, dieselbe blank ziehen oder sich ins Hemd machen. Über Kunst und Asseln kann man nicht streiten.
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mai.2018 Trampolin & Tramadol*
Sie sind gelandet. Unbemerkt haben sie mein Radar unterflogen oder übersprungen. Ich habe ihr Eintreffen nicht bemerkt bis … sie sind jedenfalls da. Und es sind einige. In meinem Revier haben sie nur zwei Anwesen außer Acht gelassen, um nicht zu sagen: verschmäht. Dabei biete ich mit meiner großen Wiese eine erstklassige Lande- und Spielfläche. Vielleicht haben sie eine Aversion gegen ungerade Zahlen. Vielleicht hat sie auch meine goldene Käseglocke abgehalten. Dabei will ich garnichts unterstellen. Vielleicht ist es eine Frage der Farbe. Ihre Vehikel sind eher blau-weiß mit etwas schwarz in der Karosserie. Etwas Schal für meinen Geschmack. Aber der Hersteller hat sicher Gründe. Mein Grund ist – davon – freibleibend. Kinders, nebenan quietschen sie wie aufgezogen. Ich brauch mir keine Augen machen, sie werden schon arg beobachtet. Sie quietschen und – nun ja, nennen wir es – grölen. Dabei reißen sie ihre Tentakel nach oben. Könnte Sprache sein oder mangelhafte Wartung. Ich gieße hier lieber kein Öl ins Feuer aber man kann sie mit Pommes rot-weiß aus ihren Ufos locken. Was das genaue Wesen der Wesen ausmacht, ist noch unerforscht. Sie scheinen gesellig zu sein, unter sich und ohne Zusatzstoffe auch sozial. Schwarmintelligenz ist denkbar, solange sie nicht unsynchron werden. Was sie bewegt, ist eine Art Sprunghaftigkeit. Ein Auf und Ab im Rahmen der Untertasse. Kännchen nur draußen. Übersprungshandlungen wurden bisher nicht beobachtet, sind aber durchaus möglich. Von weitem betrachtet, wirken sie wie eine Art Teilchenbeschleuniger. Kollisionen nicht ausgeschlossen. Und wie man ja weiß, herrscht im Innenraum eines solchen Beschleunigers im Allgemeinen Vakuum – da kann ja dann nichts kaputt gehen. Es kommt noch nicht mal was durcheinander, wenn einer aus Versehen im Netz landet. Das Spiel geht weiter. Schon etwas seltsam diese Federung. Im Aufgang schlagen sie Salti – im Abgang macht es Plumps. Beinahe irdisch. An Aufstieg ist nicht zu denken, so ganz ohne Flügel.
*Tramadol ist ein Arzneistoff aus der Gruppe der Opioide und wird zur Behandlung mäßig starker bis starker Schmerzen verwendet. Quelle: Wikipedia
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april.2018 Sprechblasen
Anblasen. Vorsichtig pirsche ich mich durchs Holz. Ich gehe es an. Gegen den Wind – versteht sich. Die Gruppe Jungjäger balzt im Gebüsch. Gar nicht so einfach, die aufzustöbern. Eine Menge Gefasel und Buschieren waren nötig. Die schienen zwischenzeitlich auch beinahe ausgerottet. Rotten sich jetzt aber gerade wieder zusammen. Da. Sie äsen und knören auf der Lichtung. Ich lausche. „… und da fing doch der Grimbart an zu keckern …“. ich muss noch näher ran, ohne dass die Witterung aufnehmen. „… fliege ich meinen Terzel los …“ „… und kurz vorm aufbaumen …“ Die Burschenschaft rüttelt an ihren Federhütchen. „… sitz ich so im Anstand … „ „… da dreht der Überläufer doch mit den Tellern und …“ Scheint mir ein Beihirsch zu sein. Da weiß man gleich, wie der Hase läuft. Knirsch. Das Volk schreckt auf. Haben sie Wind bekommen? Ja. Sie halten aus und beäugen mich. Ich versuche mich im knören. „Holali?“ Nein, sie plätzen und streichen ab. Da habe ich sie wohl vergrämt. Ich bin am Ende mit meinem Latein. Ein Schuss ins Blaue. Manchmal trifft man eben die falsche Wahl. Vielleicht hätte ich besser gekeckert. Abblasen.
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märz.2018 Abziehbilder
Von Eichhörnchen und Eisblumen könnte ich erzählen oder vom Lachen der Raben. Von der Dunkelheit, vom Tanz der Bäume vom Sein und vom Tun, von der Stille oder vom Holz, dass geholt werden möchte. Aber es will nicht erzählt werden. Es will bleiben wo es ist: im Wald bei den sieben Zwergen. Es lässt sich nicht besprechen wie eine Warze. Malen oder fotografieren ebensowenig. Es gibt sich. Aber es lässt sich nichts nehmen. Es könnte sich sehen lassen, möchte aber lieber geschaut werden. Es will nicht mitgeteilt werden. Es teilt sich nur durch sich selbst. Es bleibt eins. Mit sich. Woraus man schließen könnte, dass ich ebenso nicht mitteilbar bin außer eben durch mich selbst. Teile ich mir also mit mir einen Gefallen und lasse es dabei. Dieses ständige Gequassel, der Versuch einen Konsens zu finden … als gäbe es ihn. Der Hund nickt ein. Menschliche Kommunikation findet zumeist auf einer Ebene statt, die sich absolut nicht dafür eignet. Ein Gespräch – seien wir mal ehrlich – findet dann statt, wenn kein Wort gesprochen wird. Oh, habe ich da gerade etwas von mir gegeben? Ich nehm alles wortwörtlich zurück. Ja das Schweigen im Walde ist eine feine Sache.
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februar.2018 Bits und Bites
Angenagtes: ein Apfel, die Haferflocken, die gute Laune. Es sind Mäuse. Wenigstens eine. Gesehen wurde sie auch schon. Eine wenigstens. Das gehört sich so. Sonst könnte man ja auch vermuten, es wären Bitcoins. Eins wenigstens. Aber die sind als Art noch nicht anerkannt. Kennt man schon, kennt man sich aber nicht mit aus. Mäuse sind fassbar. Trotzdem man sie nicht greifen kann (außer natürlich man ist Mr. Miyagi). Bitcoins kann man sich zwar vorstellen aber nicht begreifen und sie hinterlassen keine eindeutigen Spuren. Irgendwie sind sie noch nicht geerdet. Sie bevölkern einen für mich real nicht existenten Raum. Sie futtern nicht heimlich meine Äpfel. Und sie bauen keine Nester zwischen den Wollsocken. Wie sie sich vermehren? Gar nicht sagt man, es gibt eine fest angelegte Zahl. 21 Millionen. Nicht mehr und nicht weniger aber dafür sind sie beliebig teilbar. Ihre Masse ist dabei variabel. Es gibt fette und magere Zeiten. Das, sagt man, hängt mit den Mäusen zusammen. Wenn ich also meine Mäuschen aushungere, dürfte das Gigabitcoins ergeben. Spacegodzilla vs. Gigabitcoin. Mageres Drehbuch, fette Effekte. Das sollen mal schön die Japaner umsetzen oder – Yabba-Dabba Do – MortimerMouse und BarneyBitcoin im Land der Steintaler … Knete macht sich aber auch ganz gut – im Kopf jedenfalls. Shaun Sie bald wieder rein …
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januar.2018 Übergang
14:06. Ein Pixelsturm rast auf uns zu. Die Lichtreflexe des Zuges auf dem Acker oder besser der Zugzwischenräume auf dem Feld grasen uns vom Horizont entgegen. Ein zerrendes Rauschen perfektioniert den Eindruck einer Welle, die uns in Kürze überrollen wird. Erinnert mich an einen Traum, in dem sich alles in einem Pixelmeer auflöste. Erinnert auch an den See letzten Sommer, als er in einem digitalen Massaker in sich selbst verschwamm. Ich werde den Eindruck nicht los, daß „Pixel“ ein uraltes Phänomen sein muss und gar nicht die Erfindung des digitalen Zeitalters. Eine andere Erklärung wäre, dass sich die Bildauflösung meines Auges über die Jahre verschlechtert hat – ein sogenannter Pixelfehler. Allerdings sehe ich in diesem Moment schärfer denn je. Das was uns da gleich mitnimmt, ist kein diffus-ominöser Schwarm Orbs. Und ich gehe mal stark davon aus – auch keine Sciencefictionkomödie in 3D. (Erstaunlich, wozu so eine kleine Birne fähig ist.) Kurz bevor sich Alles in Nichts auflöst, sehe ich: am Horizont fügt sich Alles wieder zusammen. SuperALLES. Ich breche nicht in Panik aus. Die Welle erreicht uns JETZT. Werden wir uns auflösen? Ist das der Beginn von Teleportation? Fährt die Deutsche Bahn hier eben ein geheimes Forschungsprojekt? Niemand am Übergang scheint sonderlich beeindruckt. Flatscreengesichter. Der Zug rauscht durch. Das Kreischen ebbt ab und der Spuk ist vorbei. Die Schranken gehen hoch. Alles und nichts sind wie vorher. 14:07 Uhr.