2011

DEZ.2011  GEDANKENLOS

Ich kann nicht denken. ICH KANN NICHT DENKEN. Sensationell so eine Migräne. Nichts geht. Nicht mal denken. Da liege ich in meinem Bettchen, in meinen Federn und habe frei. Das Büro ist informiert: ich komme heut nicht. Na gut. Ich sehe an die Decke und habe Zeit. Endlich einmal Zeit – nachzudenken. Was war es bloß, was so dringend bedacht werden wollte, gestern noch? Die Sache mit … muss der Vogel so laut pfeifen vorm Fenster? Ich drücke mir das Kissen auf die Ohren und konzentriere mich, auf …, ist das hell. Die Sonne nervt außerordentlich. Ich versuche, das Kissen zusätzlich auch auf meine Augen zu pressen ohne die Ohren freizulegen. So geht’s nicht. Mein Arm bewegt sich in z e i t l u p e e e e e e. Ich nehme dein Kissen dazu. Booah … Das wollte ich mir auch noch durch den Kopf gehen lassen, wenn mal Zeit ist. Zeit hätte ich ja jetzt. Aber … was? Was schaut der Hund mich denn so an? Wir waren doch grad draußen, mehr schlecht als recht. Mit Pausenzeiten und Atemringkampf. Ein Akt. Ich krieg keinen einzigen Gedanken zu fassen. Hundilein, leg dich wieder hin. So wird das doch nichts. Ich starre in mein Kissen. Augen schließen geht nicht. Geht doch. Ich zwinge mich. Je mehr ich mich konzentriere umso größer werden die Flecken. Sie tanzen. Werden bunter und verschwinden. Spielen Fangen mit mir. Orange wird gelb wird grün wird blau. Verrückt. Was meine Augen für komplizierte Dinger sind. Nicht nur, dass sie mir diese Flecken vorgaukeln, nein, sie schaffen es, mir diese ganze tranparente Scheinwelt in Dimension und Farbe darzustellen. Nichts hiervon existiert so, wie ich es sehe. Alles ein Gespinnst meiner Nerven. Grillen. Wer weiß schon ob mein blau auch dein blau ist. Blau ist ja eh nur eine Bezeichnung für etwas, das man mit blau bezeichnet. Wer hat entschieden, was blau ist? DAS BLAU. Die Idee von blau. Das wahre Blau. Blau – ein Wort. Könnte genauso gut anders … wird es ja auch. Ob es da nicht zu Verschiebungen des Tons kommt? Ist blau gleich bleu gleich blue gleich azzurro gleich azul gleich balu? Versuchsg Gemütlichkeit …  Nerven und Augen schonen – einfach mal nichts tun, denke ich. Na, geht doch.

NOV.2011  MORGENGEBET

Moin, Moin. Und angestubst … so oder so ähnlich – stelle ich mir vor – muß es vonstattengehen, dass die Billionen Atome meines Selbst es heute morgen wieder einmal geschafft haben, sich im Ganzen zu erheben. Welches von Ihnen den Wecker hörte und die Maschine zum Laufen brachte, ist dabei leider nicht klar. Wahrscheinlich ist, dass ein Teil von mir/also ihnen einfach nicht schläft, wenn ich schlafe. Ich stelle es mir wie eine Art Staffelstabübergabe vor. „Ich mach Feierabend … übernimm du …“ Meine Hand übernimmt den gereichten Kaffee und verschmilzt mit ihm in ungeteilter Aufmerksamkeit bis der Satz zu mir spricht. Los geht’s. Es ist nebelig. Der Weg ins Büro räkelt und streckt sich. Woher wissen meine Atome wohl, wie weit der Stab gereicht werden soll. Was, wenn Atome wie Menschen funktionieren (eine unheimliche Vorstellung: Vorhang auf) Was, wenn eins meiner Teilchen – unaufmerksam, nicht bei der Sache, auf Gras, verliebt oder sonst wie – das Stöckchen an eins dieser Nebelatome weitergibt. Eine Kettenreaktion? Atomkrieg? Eine Form fundamentaler Grenzübertretung. Hey, Atom No. 2556994993, hier spricht Kommander FOG, begeben Sie sich sofort aus der Demarkationslinie. DASS ist mein Distrikt. Der Ausdruck „Gehirn vernebeln“ würde so endlich Sinn ergeben. SINN. Was ergibt hier eigentlich einen Sinn? Ein Paar Millionen dieser meiner „Unteilbaren“ die sich selbst Gehirn nennen – und auch hier erbitte ich (also dieses unsortierte unlogische Ungebilde namens Oberstübchen) Auskunft wo die physische Grenze gezogen werden soll – fragen sich selbst nach dem Sinn? Wird dieses rückkoppelnde Brummen in meinem Kopf hochfrequenter je näher sich seine Energie dem Zentrum nähert? Oder ist das schon Dopplereffekthascherei. Eigentlich nicht überraschend, dass im Allerkleinsten Raum ist für Maxime. Eine Ansammlung zwanglos arbeitender Teile – eine Art Kommunismus im Kern. Protonen und Elektronen vereinigt euch. Es gilt einen mächtigen Gegner zu besiegen: Zerfall. KOPFSCHÜTTELN – vorsichtig, Schmidt, machsch’s langsam – Zentrifugalkraft wirkt dem natürlichen Zusammenhalt der Unteilbaren entgegen. Dagegen spricht nur die Trägheit der Masse. Und da hilft wiederum nur eins: Anstubsen! Amen!

OKT.2011  AN DEN WOLF

Es war einmal an einem Sonntag in einem großen finsteren Wald, die Sonne tanzte zwischen den Bäumen. Rotkäppchen und der Wolf schlenderten über den steinigen Weg. „Was siehst du?“ fragte Rotkäppchen den großen Grauen. Der Wolf bleckte seine Reißzähne und antwortete verschlagen: „Ein kleines unschuldiges Mädchen mit einer roten Kappe und Rehaugen.“ Rotkäppchen nickte, schloss die Augen und fragte erneut „Was siehst du, mein Freund?“ Der Wolf schaute sie verdutzt an und sprach ungehalten: „Ich sehe ein kleines unschuldiges Mädchen mit einer roten Kappe.“ Rotkäppchen nickte lächelnd und riss sich die Kappe vom Kopf … der Wolf antwortete schnell und ohne die Frage abzuwarten: „Ich sehe ein kleines unschuldiges …“ verschluckte er sich, erschrak und rannte los was die Beine hergaben. Das kleine Mädchen rief ihm nach „He, Wolf, wohin so eilig?“. Er stammelte atemlos vor sich hin: „… Großmutter warnen, Großmutter warnen“ Er rannte so schnell er konnte zu Omas Hütte und klopfte wie wahnsinnig ans Tor. Großmütterchen öffnete die Tür einen fußbreit und fragte eisig „Was willst du, mein Hase?“ „Ich will dich warnen vor dem kleinen unschuldigen Mädchen. Es ist nicht das, was du siehst.“ „Was denkst du denn, was ich sehe?“ fragte die Großmutter bedächtig. „Du denkst …“ antwortete der Wolf „ … du denkst, du siehst ein kleines Mädchen mit Rehaugen und einer roten Kappe.“ Großmütterchen strich sich das graue Haar aus der Stirn und kam mit ihrer Brille ganz dicht heran … „Was denkst du, was ich sehe?“ fragte sie noch einmal. Der Wolf schaute verdutzt in die spiegelnden Gläser, schluckte und murmelte „einen …“, Großmutter zwinkerte ihm verschmitzt zu und schloss das Tor. Er blinzelte verschämt, kratze sich hinter dem Löffel und wandte sich um zu gehen. Am Gartenzaun blieb er zögernd stehen und sah sich unsicher um. Der große Wald tanzte vor einer finsteren Sonne. Er kniff sich in den weißen Puschelschwanz. War die Welt denn völlig verrückt geworden? Konnte er seinen Augen trauen??? Wer war diese kleine Mädchen??? Hat Oma Opa gefressen??? ER befühlte seine Zähne – eins – zwei – und hoppelte den steinigen Weg entlang mit nur einen einzigen Gedanken … hmm… jetzt eine Möhre …

AUG.2011  42

Was ich tue oder nicht hat nichts damit zu tun, ob ich oder er wissen, was getan werden soll. Was ich allerdings gern getan hätte, wäre, vor 100 Jahren gelebt zu haben, aber das tut nichts zur Sache. Täte es das, müsste es auf mehr als 2 Zeilen behandelt werden, was zur Folge hätte, dass das, was ich tue oder nicht in diesem Text zu kurz käme, also kommen wir zur Sache oder zum Ding oder zur Essenz der Dinge und Sachen und der Frage, auf die die Antwort die Seitenzahl dieser Seite ist. Nach langem Nachdenken am Arbeitsplatz unter Vortäuschen enormer Produktivität und dem Ausschluss vieler möglicher Fragen unter anderem der, welche Schuh- und Kleidergröße ich hätte, wenn ich 1,90 groß und adipös gebaut wäre, komme ich zu dem Schluss, dass diese Frage schon tausende Male in diesem und anderen Räumen stand und ich sie jedes Mal bewusst oder unbewusst richtig beantwortet habe. Auch wenn mir letztlich noch einige Fragen einfallen, die diese Antwort einfordern, z.B. „Wieviele Kerzen müssen 2017 von meinem Geburtstagskuchen gepustet werden?“, „Wieviel Cent werde ich nächstes Jahr für ein einfaches Brötchen bei meinem Lieblingsbäcker auf den Tisch legen?“, „Der wievielte PowerBar-Bananen-Riegel zwingt mich vor dem Klosett in die Knie?“, „Was liegt vermutlich zwischen 41 und 43?“ „Welche Anzahl an Leben oder Schwänzen haben 4,66666666666666666666666666666666666666666667 neunschwänzige englische Katzen?“, „Wieviele 6en stehen nach dem Komma?“, „Wieviele Liegestütze zuzüglich der Antwort auf alle Fragen habe ich gestern Abend vor dem Zubettgehen in meinem lila Nachthemdchen, barfuss mit offenen Haaren auf die Dielen gelegt?“, „Besteht ein Zusammenhang zwischen teafortwo, fortytwo und zweiimtee – und wenn ja welcher?“, „Was war noch gleich die Antwort?“ … huaaaaaaaarghhhhh … „Wo rufe ich an, wenn ich glaube, verrückt zu werden oder die Frage auf die Antwort auf egal welche Frage oder die Antwort auf alle Fragen nach egal was oder alles oder nach ein bisschen nichts suche?“ Ich schließe die Augen und wähle DIE Nummer, die mir die Augen öffnen wird. Ich hätte es wissen können, wenn ich gewusst hätte, dass ich es weiß und er auch. Das Ende ist naheliegend: Auf dem Display blinkt die Antwort auf die Frage aller Fragen nach dem Universum und dem ganzen Rest: „Welche Durchwahl hat der Kollege gegenüber?“

JULI.2011 ALLES BANANE

Plötzlich wird es dunkel … Da braut sich was zusammen, denke ich mir und just in diesem Moment fliegt ein Fenster auf. Hui…. „BANANE präsentiert und läd ein – Besuchen Sie die iCLOUD! Eine Cloud wie sie sein sollte: automatisch, einfach und kostenlos!!!“ Hmm… iCloud – das Wort will mir nicht sofort auf der Zunge zergehen. iCloud klingt nach Kontrolle, klingt wie in diesen Zukunftsfilmen, in denen lauter blonde Menschen mit weißen Gesichtern in komplett durchsichtigen Ganzkörperstrümpfen durch weiße Gänge laufen. Wohin sie gehen? Na, zum synchronisieren natürlich. Ja – alle meine Geräte auf dem gleichen Datenstand. Alle meine Gedanken gelagert in der Cloud. DIE WOLKE – DIE WELLE – WO IST DER FÜHRER DER MICH FÜHRT? „Alter, alles fluffig, nimm noch’n Zuch, die Wolke – die macht das schon für dich. Brauchst dich um nichts mehr kümmern. Geht alles von allein – von Geisterhand. Handy, Notebook, Mikrowelle, Kühlschrank, Zahnbürste, Garagentor … alles auf einer Wellenlänge.“ iCloud – keine  Ahnung, wer auf so einen Namen kommt, (oder checken die das nicht international auf sprachliche Inkontinenz ab?) der schon suggeriert was eh jeder denkt der denkt? Ich will aber nicht, dass meine Bilder, Notizen und Flausen in die AIR gepustet werden, sobald ich das Telefon mit dem Rechner kopple, womöglich sogar schon in dem Moment, wo ich sie ausbrüte … Ich will nicht das das Auge in meinem Macbook meine Wenigkeit ins Universum schleudert, ohne dass ich das angeordnet habe? Ich will nicht durchsichtig sein. Also klebe ich mal vorsichtshalber ein Pflaster über das schwarze Loch, schalte mein Telefon aus, schließe die Vorhänge und ziehe mich in die analoge Scheinwelt meines Ohrensessels zurück. Hier bin ich sicher. sssssssssssssssss… Oder hat die dicke Brumsel da etwa eine iCam auf den Schädel geschnallt? So langsam kommt mir der Gedanke, dass das kein gutes Ende nehmen wird. Wir sind auf dem Weg, wir laufen schon, wir marschieren. „JAAAA… komm in die Gänge, hier ist dein transparenter Allover, zieh an!!!“ Mensch Mädels, eine Wolke ist nicht immer eine kleine Weiße … und schon mein Opi sagte immer „ … in Zirren kann man sich irren.“ Ich poste das jetzt übrigens sofort in meinem Blog, schicke es an alle meine imaginären Facebookfreunde, twittere, ebriefe … und lasse einen iWind raus. DAS können ruhig alle wissen. Und dann: Fenster zu!

JUNI.2011  GRÜSSE

Die Welt ist  ein Dorf – ein Lieblingssatz meiner Mutter, und wie alle Sätze von Mutti sehr wahr (wahr, sehr wahr, am wahrsten). Ich fühle mich heimisch. Integriert. Schon morgens im Park begrüßen mich alle Hundbesitzer freundlich „Na, schon gekackt heute?“. Sie kennen zwar meinen Namen nicht aber dafür den des Hundes. Ja, ich gehöre dazu. Wenig später reißt ein Motorradfahrer die Hand vom Lenker, winkt, wackelt und fasst gerade noch rechtzeitig vor der nächsten Kurve wieder zu. Unglaublich selbstlos. Ich grüße zurück – Hallo! Wenig später bemerke ich, wie sich zwei Treckerfahrer zuhupen. Schade, dass ich keinen Trecker … Na ja … man kann nicht alles haben (ein Lieblingsspruch meines Vaters übrigens). Eine Runde um den See gelaufen – drei Freunde getroffen … Selbst in Frankreich hatten wir mit dem T3-Camper massig Freunde. Nachdem wir wieder daheim waren, grüßten wir weiterhin alle T3s (versehentlich allerdings aus einem Seat). Ich war erschrocken als eine Omi mir letztens bei Kaufland wohlwollend zulächelte, als ich eine Dose „Omas Kartoffeltopf“ aufs Band legte. Je mehr „Dinge“ ich mir zulege, umso größer wird offensichtlich mein Freundeskreis. Allerdings gilt das anscheinend nur für „Dinge“ die sich im Besitz von höchstens einem Drittel der Weltbevölkerung befinden. Randgruppen sozusagen. Neulich habe ich wahrscheinlich einen meiner Freunde verloren, weil ich keine Hand frei hatte und nur leicht mit dem Kopf nicken konnte. Er allerdings hatte ja auch Einkaufstüten … Was mir wirklich Angst macht: mein Körper grüßt inzwischen schon ohne Hirnzwischenschaltung. Fuhr ich doch letztens mit dem Motorrad an einer Gruppe Skateboardfahrer vorbei und hielt die Hand raus zum Gruß. Ob die mich wohl erkannt haben ohne Board? Und was, wenn ich als Hundebesitzer einen Kartoffeltopfkäufer grüße, der Katzenhaartoupet trägt? Jetzt verstehe ich auch den Sinn der „Biker außer Dienst“- und „Jule-an-Board“-Aufkleber. Bei Facebook nennt man so was Freundschaftsanfrage. Also dann: ich grüße alle die mich kennen, alle Hundebesitzer, Motorradfahrer, im-Urlaub-T3-Fahrer, Dosensuppenkäufer, Keksinsbettkrümler, Nachtsnochmalaufsteher, alle Strickschlappenträger, Dienstagsdieseltanker, Kacktütenbügler, Durchdiepamparadler, Aufswassergucker, Toilettenrollenlinksrumaufhänger … und natürlich Ernie, Bert und den Schokoladenkuchen …

MAI.2011  VERRÄTER

Habt ihr auch Gedanken, die immer wieder kehren? Ich meine nicht „Wo sind meine Socken?“-Gedanken, sondern eher Fragen wie: „Erkennt mich meine Kollegin am Gang, wenn ich 30 mal am Tag das „Örtchen“ aufsuche, welches sich direkt neben ihrem Büro befindet“. Sie sitzt quasi am Drücker. Nebenan. Wenn ich sie wäre würde ich Wetten abschließen – Sie: „Schmidt?!“ Er: „Nee, … Schmidt trampelt nicht so!“ … Ich jedenfalls überlege jedes Mal, wenn ich um die Ecke biege um jenes Örtchen zu besuchen, ob ich sie diesbezüglich einfach mal anspreche oder mir weiterhin diese sinnigen Gedanken mache. Zwischenlösung: ich verstelle mich! Die Frequenz, die Gewichtigkeit, die Reihenfolge, … was ich damit meine? Na, zum Beispiel meine Schritte: TAPP-TAPP-TAPP, TAAAAP.TAAAAP, tipptipptipptipp, TAPP-TAPP-tipp-TAPP, TRIPPELTRIPPEL, in diesem Zusammenhang habe ich auch endlich meinen liebsten Comicschritt ins echte Leben übertragen können: tapitti-tapitti-tapitti …  Dann die Gewichtigkeit: eine Türklinke lässt sich in 3 Grund- und mehreren Zwischenmodi betätigen: RUMMS, KNARZ, SNIP und z.B. SNIRZ. Und zu allerletzt die Reihenfolge: Da gibt es ein Menge Möglichkeiten. Um genau zu sein, mindestens 13 zum Quadrat, also 169 (wenn man die Variabilität der Schrittfolge außer acht läßt (tapp-tapitti-tapp-tip-tapp – klar soweit?)) – hier ein Beispiel: TAPP-TAPP-TAPP, Türklinke runter, Licht an, Eintreten, Tür zu, Riegel vor, Deckel hoch, Hinsetzen, Geschäft erledigen, Abwischen, Händewaschen, Riegel auf, Licht aus, Tür zu! ODER: TAAAAP.TAAAAP, RUMMS (Türklinke), RUMMS (Tür auf), KNIPS (Schalter), SCHNAPP (Riegel), RUMMS (TÜR), RUMMS (Deckel hoch), RUMMS (hinsetzen), PLOPP (Geschäft), WISCH, plätscher, KNIPS, RUMMS! ODER:  tipptipptipptipp, SNIP, TOCK – Mist, KNIPS vergessen – tast, autsch, aaah – ach egal, ich weiß ja wo „ES“ steht – ahhh …, iieehhh … – Mist, DONG vergessen, DONG (Deckel hoch), ahhh…, WISCH, plätscher, KNIPS, TOCK! ODER: trippeltippirouettetrippel, SNIP, KNIPS, TOCK, SCHNAPP, Pirouette, DONG, ahhh…, RUMMS, Iiiiiek … „Mensch, mach doch den Riegel, vor, Schmidt…!“ RUMMS, DONG, plätscher, KNARZ, TOCK! ODER: tapitti-tapitti-tapitti …  SSCHMIDTIE?? Bist DU das???“ AAAAAAAAARGH – war alles umsonst? Sie hat mich erkannt???? Wo ist die Schwachstelle????? „Schmidtiee …, nimmste deinen Köter eigentlich immer mit, wenn´de aufs Klo gehst?“

APR.2011  GOTT IST GEIL

Eines steht außer Frage: Gott reibt sich angesichts des steigenden Durchschnittsalters in Deutschland die Hände. Da kommt eine Welle auf ihn zu! Und so dachte sich der Gute wohl letztens beim Abendmahl: noch schnell bei der Agentur angerufen und ein Riesenplakat an der A2 geschaltet. Was genau? Imagewerbung und Angebot in einem mit einem Werbetext, der sogar die Mediamarktchefs – Gott ist ja nicht blöd – erblassen lässt: „ICH HALTE DICH. – GOTT“ Im Himmel läufts. Wenn man den Marketingexperten glauben darf, dann soll man ja gerade in guten Zeiten werben, damit die schlechten gar nicht erst anklopfen. Da braucht sich Gott allerdings keine Sorgen zu machen. Der demografische Wandel wird ihm die Türe einrennen. Die sogenannte Überalterung zeigt sich unter anderem bei der jährlich zunehmenden Zahl an Verkehrszählungen – ein Projekt des Arbeitsamtes zur Beschäftigung von Ruheständlern. Weniger selbst fahren – mehr zählen! Inzwischen sitzen nicht mehr 2 sondern 8 Senioren in Klappstühlen am Straßenrand. 10 Augen sehen eben mehr als 5. Und nebenbei trifft man so auch endlich die Bushaltestellen- und Geländerhocker aus Jugendzeiten wieder. Themen sind heut wie damals Mädels und/oder alte Kamellen. Um sich bei den Alten einzukratzen, überlegen die Ältesten, den Remtergang am Dom in Rentnergang umzutaufen. Auch andere Städte erwägen Änderungen der  Straßennamensgebung. In Hamburg soll der Jungfernstieg zeitnah in Altejungfernstieg umbenannt werden. DJs legen sich heimlich CD-Sammlungen mit Rent’n’Roll-Mugge an. Und auch die Filmindustrie geht mit dem Trend. Mit Blockbustern wie „Lola rennt am Stock“ und „Der graue Hai“ und einer Neuauflage von „Vom Winde verwest“ versucht man die Kinosäle auszulasten. Weniger Kinder, weniger Trickfilme. Deshalb wird die neue Folge von Rantanplan Rentenplan heißen. Die Golden Girls erleben goldene Zeiten – Bravo werkelt schon an einem Superstarschnitt der Seenieserienstars. Und die Welle schwappt auch in die Parks und Grünanlagen: Rent a bank heißt ein neues Unternehmen mit Spezialisierung auf die zunehmende Vergreisung. Für alle rastlose Rentner, die keine Sitzgelegenheit mehr abbekommen, plant das Land eine alternative Anlaufstelle: das letzte Amt vor Gott. Auch hierfür existiert schon ein Hammerslogan: WIR HALTEN DIE HAND AUF. – Ruhestandsamt.

MÄRZ.2011  UND DESHALB …

So. Jetzt ist es mir auch endlich passiert. DAS was immer allen anderen passiert. DAS was man keinem wünscht. Und DAS im Urlaub! Man quetscht sich phobisch mit Millionen von überdurchschnittlich gebauten Senioren in den Flieger um sich ganz weit weg von Allem mal so richtig schön gehen zu lassen. Nur mit Handgepäck – was braucht man schon? All inclusive die Plauze über die Badeshorts hängen lassen – unrasiert in Schlappen und Trainingshose zum Frühstück schlurfen – ordentlich zulangen am Buffet – Arschbomben in den Pool setzen – JAAAAAAAAAAAAA! Hier kennt mich keiner. Hier bin ich frei! Habe entsprechend auch nur Schlapperpulli und Rauchwaren im Gepäck. Also raus aus den Sachen und rein ins Vergnügen. Nur mit Schlappen trete ich raus auf den Balkon. Grunzz – jaaa das Leben gefällt! Hier gibt’s keine Klamottenmeile, keine Promenade, hier gibt’s nicht mal ne Apotheke geschweige denn einen Geldautomaten. Ein Blick von der Terrasse über den Ort, die staubige Straße, den Balkon nebenan … DIEEE???? nö! NÖÖÖÖÖÖÖÖÖ! DAS!!! NÖ!!! Ffff ffff ffff … Atmen, Schmidt, Atmen!!! Alles gut – alles gut – alles guuuut! G A N Z  R U H I G !!! Ich hör sie schon reden: „Weißt du, wen ich auf Malle getroffen habe? Du wirst es nicht glauben, DIE hat da einen Häkelkurs mitgemacht. Ist das zu fassen? Die coole Sau häkelt! Da kannste mal sehen…“ „Nee, is nicht dein ernst. Wenn ich das der Inge erzähle, die lacht sich schlapp. Hatses denn wenigstens drauf? Drüberdrunterinnermittedurch oder nur Grundmasche?“ „Also was ich gesehen habe – Fischgräte: Drüber-Drunter-eine fallen lassen – und am Buffet eine Kampfmaschine!“ „Die lütte? Ach was!“ „Jaa, sachich dir … die hat drei Zahnreihen … mindestens … und was die anhatte… und jeden Tag dasselbe … und die häkelt! Wusstest du dass die häkelt? … aber die Technik … der Bert hat auch gesagt, das das nicht feierlich war mit der Bombe vom Brett …“ – D A S war kein Bauchklatscher – das war ein kontrollierter Köpfer! Ich spul den Film zurück. Was mach ich denn nu? Wäre ich nur …! Ich muss mich verstecken! Wenigstens hab ich meine Sonnenbrille dabei, wenn ich schon MakeUp und Pomade zu Hause gelassen habe. So komme ich wenigstens ungesehen zurück ins Zimmer. Beinahe … „HALLOOOOO! WIR SIND ERNA UND BERT. KENNEN WIR UNS NICHT? WIR SIND AUS … !“

FEB.2011  GRAS

Seit mein bester Freund mir letzten Dienstag bei Kaffee und Kuchen erzählte, dass es ja nun bald zu Ende ginge, bin ich nachdenklich. Was kann man tun, um es aufzuhalten? Oder besser, was kann ich tun, um es zu verzögern. Meine persönliche Lösung heißt: Gras. Sogar mein Hund hat anscheinend Kenntnisse, von denen ich nichts ahne, denn wenn ich’s mir recht überlege: er steht oft auf der Wiese wie eine Kuh und rupft die Halme ab oder leckt am Moos. Meistens begleitet von einem Zwitschern aus der Magengegend und flüssigem Stuhlgang. Ob das eine das andere bedingt oder umgekehrt habe ich noch nicht klären können. Manchmal beißt er sogar herzhaft ein Stück aus der Boden – Stufe 2. Aber da bin ich noch nicht! Gleich am Dienstag Abend habe ich mit dem NADA-life-extension-Programm begonnen und mich fürs erste mit Salat eingedeckt. Der kommt der Konsistenz schon recht nahe und ich muss meinen Magen ja auch erst einmal vorbereiten. Abends sitze ich jetzt bei Salatchips und heißem Wasser (kaltes folgt in Stufe 2), die Heizung auf 12 Grad runtergeregelt (auch hier kann man noch weitergehen, ich weiß) auf den Dielen und trainiere. Schlucken – würgen – schlucken – würgen: für den Anfang 3 Sätze à 20 Wiederholungen. Grundlagenausdauer 1. Ab nächsten Dienstag nehme ich dann Kauen mit ins Programm und in 4 Wochen Wiederkäuen. Trainingsziel: Robustheitserweiterung. Für den Sommer steht dann das Training meiner Fertigkeiten in sauerstoffloser Energiegewinnung an (Anaerobe Ausdauer – Stufe 3). Wie ich die dabei entstehende Milchsäure in Milch umgewandelt kriege, weiß ich noch nicht, aber vielleicht schmeckt’s ja auch so. Wenn dann das Ende kommt – am 21.12.2012 +/-1 übrigens (da nämlich endet der Maya-Kalender) – schaffe ich es durch einfache Wiederverwertung, mich mindestens noch bis 2013 lebendig zu halten. Nicht umsonst wurde in den ältesten der Hinduschriften die Kuh als Göttin verehrt, die Verkörperung der Erde und nicht von ungefähr ist es eine Kunst, die Kuh vom Eis zu kriegen. Ach so – Ihr seid herzlich eingeladen: Silvester 2012 feiere ich meinen 27sten auf der großen Wiese am Ulrichsplatz (falls da dann nicht schon eine Kirche gewachsen ist). Es gibt Rollrasenbraten mit Klabusterbeeren, dazu Latte Aquato und Sandkuchen. Geschenke sind gern gesehen. Ein Milchsäureauschäumer oder Laktatkocher wären schön. Bis denne.

JAN.2011  SCHÖNER TAG

Dieser Winter ist anders als die anderen. Nicht nur, dass er früher anfing und scheinbar unendlich ist. Er verlangt von mir Dinge, die ich seit Jahrzehnten nicht getan habe. Das Auto muss stehen bleiben und normalerweise greife ich in diesem Fall zum Rad. Allerdings ist man damit schiebend auch nicht schneller als zu Fuß. Weiße Schweine? Jedenfalls zwingt mich die Eisbahn vor meiner Haustür dazu, diese unmögliche Sache in Betracht zu ziehen. Aber so einfach wie damals ist das ja heute nicht mehr. Ich stehe im Wartehäuschen und fühle mich wie beim ersten Mal. Wann kommt sie bloß? Ich horche … Soll ich mein Ohr auf die Schiene legen? Was, wenn sie gar nicht kommt? Soll ich anrufen? Sie kommt. Die Türen gehen auf. Ich bin drin. Ohne Legitimation. Irgendjemand hatte mir mal irgendwann erzählt: Fahrkarten gibt es drin. Gut, da bin ich. Was nun? Gott sei dank bin ich an der Endstelle eingestiegen und keiner kann meine Hilflosigkeit sehen. Der große Kasten da ist wohl ein Fahrkartenautomat? Aha. Ich gucke ihn an wie ein 100Jährige einen IPOD. Ich versuche zunächst meine Münze in alle vorhandenen Schlitze zu stecken und drücke auf sämtliche Knöpfe. PIEP. Mein Geld fällt durch. Es blinkt rot. Okay, Schmidt – Konzentration. Wer eine Wii bedienen kann, kann auch eine Fahrschein lösen! Die nächste Haltestelle ist in Sicht und ich will mich nicht blamieren. Auf dem Screen lese ich wie es geht, Nippel durch die Lasche ziehn, den Hebel ganz nach oben … und da kommt er auch schon… Geschafft. Ich hangele mich durch den Wagen (wo sind überhaupt die Schlaufen hin?) und setze mich. Waren die Sitze immer schon so hart? Nein warte, das verwechsle ich mit den Sitzen im Kino. Ach ja, das gute alte Theater des Nordens … mit den handgemalten riesengroßen Plakaten zur Filmankündigung. Zig Mal habe ich auf diesen harten Holzklappstühlen Winnetou gesehen und bin dann den ganzen Weg nach Haus galoppiert. Die Welt flog an mir vorbei. Ich war Iitschi, der schwarze Hengst, Wind in der Mähne. Schnell, feurig und … jetzt sitze ich in der Großen Gelben und sehe aus dem Fenster. Die Stadt schleicht an mir vorbei. Eine freundliche Stimme sagt: Nächste Haltestelle Altersheim. Ein 100Jähriger mit Hackenporsche pult sich die Krümel vom Kaffeekränzchen mit Irma aus den Dritten. Ich hebe zwei Finger zum Gruß, mein Blutsbruder! Der Wagen hält, ich drücke den Knopf und springe im gestrecktem Galopp hinaus. Nur einen Gedanken im Kopf: Lebt eigentlich Kara Ben Nemsi noch?